Von 45 auf 100%

Das Vorspiel können wir eigentlich weglassen, hier nur das Wichtigste in Kürze. Jean-François de Pontet gab dem Weingut Canet 1725 sein „Präfix“. Obgleich das Château vom benachbarten Mouton Rothschild nur durch eine Straße getrennt ist, bekamen die damaligen Besitzer in der Klassifikation von 1855 ihre Quittung für eine wohl nicht sehr qualitätsorientierte Arbeitsweise. Mouton wurde damals als 2ème Cru Classé eingestuft (heute 1er Cru Classé) und Pontet-Canet „nur“ als 5. Gewächs. Das sähe heute anders aus!!

1825 wechselte der Besitz zum Handelshaus Cruse, welches jedoch 1975 wieder verkaufen musste. Und zwar an den cleveren Guy Tesseron, der sein Vermögen bis dato mit Cognac (45% Vol. Alc.) verdient hatte. Clever auch deshalb, weil er die Leitung des Châteaus seinem Sohn Alfred anvertraute, was sich später als goldrichtige Entscheidung erweisen sollte.

Alfred brauchte einige Jahre, bis er die stattliche Weinbergsfläche, die zu circa 65% mit Cabernet Sauvignon bestockt ist, auf Bio umgestellt hatte. Es wurden große Pferdestallungen gebaut und es brauchte Zeit, die Mitarbeiter von Traktor auf Pferd umzustellen. Aber Alfred glaubte daran, dass nur die biologische Bewirtschaftung am Ende der richtige Weg ist. Auch bei einer solchen Größe (rund 80 ha). Zuerst von den meisten Château-Kollegen belächelt, sieht man heute mehr und mehr Pferde in den Weinbergen des Bordelais. Ein Umdenken hat stattgefunden zwischen St.-Estèphe, Pessac und St.-Émilion. Danke, Alfred, du warst einer der Pioniere!!

Seit Anfang der 90er-Jahre begann Château Pontet-Canet seine wahre Größe zu zeigen. Nicht in Fläche, sondern in Qualität. Die Weine wurden besser und besser und die Bewertungen höher und höher, bis die beiden Jahrgänge 2009 und 2010 jeweils 100 Punkte von Parker erhielten. 100% erreicht.

Heute übernimmt Justine Tesseron, Alfreds Tochter, mehr und mehr die Verantwortung auf Pontet-Canet. Aufgewachsen schon mit dem Bewusstsein für die Natur und die Tiere und demselben Ehrgeiz und der derselben Tatkraft ausgestattet, werden wir hier noch große Weine erleben.

Michael Grimm