„Kürzer!” „Nein, länger!“ „Kürzer, sage ich!“…

Die Conternos waren noch nie Stubenhocker. Schon im 19. Jahrhundert drängte es einen Conterno in die weite Welt und er landete in Argentinien. Nach einigen Jahren zog es den Vorfahren der Poderi Aldo Conterno wieder zurück in die Langhe. Angereichert mit neuen Ideen und ausgestattet mit erweitertem Horizont begann er, ein kleines Familienweingut aufzubauen. Im Gegensatz zu anderen Erzeugern exportierte Giovanni Conterno aber schon ins Ausland und sogar bis nach Amerika. Wenn auch im Fass. Motiviert durch die große Nachfrage nach guten Weinen, erzeugte Giovanni schon 1920 einen ersten Barolo Riserva. Und auch sein Sohn Giacomo setzte sich nicht auf seine Fässer, sondern besuchte Kunden und baute einen, für die damaligen Verhältnisse modernen, Vertrieb auf. Seine Söhne Aldo und Giovanni unterstützen ihn bald nach besten Kräften. Aldo hatte das Neugierde-Gen des Vorfahren geerbt und brach in den 50er Jahren nach Kalifornien auf, um dort im Weinbau zu arbeiten. Dort sah er viel Neues. In den Weinbergen und in den Kellern. Bis zu seiner Rückkehr war das Weingut Conterno ein klassischer Erzeuger und der Stil traditionell mit langer Maischestandzeit und Ausbau in großen Eichenfässern.

Die Brüder waren sich zusehends uneiniger über den Weg, den Conterno beim Weinausbau gehen sollte. Giovanni wollte am traditionellen Ausbaustil festhalten, während Aldo in moderneren, fruchtigeren und eleganteren Weinen die Zukunft sah. In seiner Interpretation von Terroir und der Rebsorte Nebbiolo. Kein Barrique. Ausbau in großen Fässern aus slawonischer Eiche. Aber doch kürzere Maischestandzeit für mehr Eleganz und Frucht. Die Wege trennten sich und Aldo kaufte 1969 das imposante Anwesen „Favot“ in der Gemarkung Bussia di Monforte d‘Alba, welches zum Stammhaus wurde – der Poderi Aldo Conterno. Aldo setzte seine Visionen um und war hier Vorreiter in einer ansonsten extrem traditionellen Region. Sicher inspiriert durch Aldo Conterno, sollten die Modernisten um Angelo Gaja, Elio Altare, Domenico Clerico oder Roberto Voerzio Jahre später noch weiter gehen. Kurze Maischestandzeit und Ausbau in kleinen, getoasteten Fässern aus französischer Eiche.

So konsequent Aldo beim Barolo im großen Fass ist, so sah er beim Barbera doch große Vorteile beim Ausbau im Barrique. Der Barbera Conca Tre Pile war mit der erste im kleinen Fass ausgebaute Wein dieser Rebsorte.

Die 25 ha umfassenden Spitzenlagen der Poderi – Romirasco, Cicala und Colonnello – liegen ebenfalls alle in Bussia di Monforte d’Alba und somit um‘s Haus. 80.000 Flaschen ist die Jahresproduktion. Nicht mehr. Und nur in besten Jahren wird die Riserva Gran Bussia erzeugt. Auf Schönung wird grundsätzlich ebenso verzichtet wie auf Filtration.

Bei unserem ersten Besuch auf Aldo Conterno brachten wir Aldo eine Flasche 1970er Riesling Wehlener Sonnenuhr von J.J. Prüm mit. Der Jahrgang des 1. Gran Bussia. Liebe Grüße an die Mosel. Unsere Allokation Gran Bussia ist seither gesichert.

Michael Grimm

P.S.: Ach ja. Fast vergessen. Das Neugierde-Gen hat sich an die Söhne Franco, Stefano und Giacomo vererbt. Ihnen ist der Il Favot zu verdanken. Erst Reben mit einem Mindestalter von 21 Jahren dürfen Trauben für die großen Baroli der Poderi Aldo Conterno liefern. Alles, was jünger aber doch großartig ist, wird zum Il Favot ausgebaut. Einem modernen „Barolo“, ausgebaut im kleinen Eichenfass, auf dessen Etikett das Wort Barolo jedoch nicht steht, der es aber leicht mit manch großem Namen unter den Modernisten aufnehmen kann.