Mit Lemberger aufgewachsen und mit Merlot aufgestiegen

Wenn man selbst Schwabe ist, freut man sich über eine solche Erfolgsgeschichte à la Souabe umso mehr. Graf Neipperg senior kaufte in den 70er-Jahren die Châteaux Canon La Gaffeliere und La Mondotte in Saint-Émilion.

Warum? Ja, keine Ahnung.

Aber manche Menschen haben ein Gespür dafür, im richtigen Moment das Richtige zu tun. Und mit Weinbau kennen sich die Grafen von Neipperg aus Schwaigern (Württemberg) schon seit dem 13. Jahrhundert aus. Sie sind somit sowas wie Antinoris von Deutschland.

1983 entsandte Graf Joseph-Hubert seinen Stephan Graf von Neipperg nach Bordeaux, um die vor sich hindämmernden Châteaux La Mondotte und Canon-La-Gaffelière auf Vordermann zu bringen. Da hatte er ganz schön viel verlangt vom Stephan. Zu dieser Zeit als Deutscher im ländlichen Saint-Émilion ein französisches Château zu leiten? Mon Dieu!

Stephan von Neipperg hatte in Paris und Montpellier studiert, sprach perfekt Französisch und kam mit der Mentalität gut zurecht. Und so wurde er vom Émilionischen Establishment zwar etwas argwöhnisch beschnuppert, aber gebissen hat ihn niemand. Schnell waren Sigweis und Stephan anerkannt, wurden aber vor allem bestaunt. Denn gleich zu Beginn stellten sie auf naturnahen Weinbau um und das knapp 20 ha große Canon-La-Gaffelière (ca. 50-55% Merlot und 30-35% Cabernet Franc + ca. 10% Cabernet Sauvignon) wurde 2014 Bio-zertifiziert. Stephan sagt, betont und glaubt: „Nur in einem gesunden Boden wachsen gesunde Reben.“

Aber das sollte nur der erste Meilenstein sein. Seit der letzten Klassifizierung von Saint-Émilion ist dieses Château Premier Grand Cru Classé. Gratulation, Stephan!

Wer weiß, wohin dieses bedingungslose Qualitätsstreben derer von Neipperg noch führen kann. Aber eines ist sicher: Graf Joseph-Hubert von Neipperg hatte hier zweimal den richtigen Riecher! Dieses Weingut zu kaufen. Und niemand Anderen als Stephan mit der Aufgabe zu betrauen, hier den besten französischen Neipperg zu erzeugen. Noblesse oblige !

Michael Grimm