Mouton ändert sich nicht

Als Baron Nathaniel de Rothschild vom englischen Zweig der Familie 1853 dieses Château kaufen konnte, hieß es noch Brane-Mouton. „Brane“ fiel und das „Rothschild“ wurde angehängt.

Voilà, Château Mouton-Rothschild war geboren!

Großes Interesse an dieser Investition zeigte jedoch lange Zeit keiner derer von Rothschild. Das änderte sich spontan, als der erst 22 Jahre alte Baron Philippe die Leitung übernahm. Eine große Persönlichkeit, die das gesamte Bordelaise über Jahrzehnte prägen sollte. Er war der erste, der bereits 1924 die Château-Abfüllung einführte. Bis zu diesem Zeitpunkt war es gängige Praxis, und bei manchen Châteaux bis weit in die 70er-Jahre hinein noch Usus, die Weine im Fass zu verkaufen. Händler in London, Antwerpen oder Bremen füllten die Weine dann erst auf Flasche. Aber war dann auch immer das drin, was außen draufstand? Baron Philippe hatte seine Zweifel und übernahm die Kontrolle der Abfüllung. 1926 ließ er den „Grand Chai“ bauen, eine Kathedrale nur für Fässer, aber immerhin gefüllt mit feinstem Mouton.

Anlässlich der Beendigung des Zweiten Weltkriegs ließ Baron Philippe das „V“ für Victory auf das Etikett drucken. Als Zeichen für den Sieg über Nazi-Deutschland. Das Etikett nicht nur als Informationsblatt auf der Flasche, sondern als Botschafter für Marketing, Kultur und Kunst? Das war neu. Niemand hatte zuvor ein Künstleretikett. Ab dem ersten Jahrgang 1945 gestaltete dann jedes Jahr ein anderer Künstler das Etikett des Mouton-Rothschild. Die Liste ist das Who‘s who der großen Künstler.

Aber es gab etwas, was den umtriebigen Baron nicht losließ. Lafite wurde in der Klassifizierung von 1885 als 1er Cru Classé eingestuft. Mouton hingegen als 2ème Cru. Ein absolutes NO GO in den Augen des Barons. Der Protest gegen diese „offensichtliche Falscheinschätzung“ prangte denn auch auf jedem Etikett:

„Premier ne puis, second ne daigne, Mouton suis”

„Erster kann ich nicht sein, Zweiter will ich nicht sein, ich bin Mouton“

Nach langem Streit erreichte der Baron 1973 schließlich, dass zum ersten und bisher letzten Mal an der Klassifizierung von 1855 gerüttelt wurde. Mouton stieg zum 1er Cru Classé auf und der Baron änderte daraufhin den Satz in:

„Erster bin ich, Zweiter war ich, Mouton ändert sich nicht“

Na also. Geht doch.

Und wer das Glück hatte, große Jahrgänge von Mouton zu genießen, wie beispielsweise 1996, 1986, 1982, 1955 oder 1945 (den leider bisher noch nicht), bestätigt ohne Zweifel die Zugehörigkeit zur ersten Liga.

Auf seiner etwa 80 Hektar großen Rebfläche, die zu ¾ mit Cabernet Sauvignon bestockt ist, erzeugt man bis heute einen sehr maskulinen und großen Pauillac.

Ich erinnere mich noch an die letzte Primeur-Kampagne, die ich damals für Mövenpick ausgeschrieben hatte. Mouton Rothschild und alle anderen 1er Crus kosteten damals umgerechnet 36€/Fl. Das war 1994 und der Jahrgang war der 1993er. An deutlich mehr Kisten kam man damals auch.

Mittlerweile streng limitiert, ist ein Mouton heute einer der besten Weine der Welt.

Michael Grimm